18.11.2022

Daniel Osterwalder

Wem gehört der Wald? Vol No 3

Von alten Konzepten

In den vorausgegangenen Einträgen sprach ich von "wir" mit einem leisen Verweis auf "ich bin, weil wir sind" und meinte damit den Bezug des "ich" in Welt. Das Konzept, dass dieses ich auf Profitmaximierung aus ist und Commons als Ressource für seine Zwecke nutzen will, gehört auch dazu.

Garrett Hardin machte in den 70er Jahren des vorangegangenen Jahrhunderts die These salonfähig, dass Allmende nicht funktionieren kann. Zur Erinnerung: Commons schliesst auch die Allmende mit ein, reicht jedoch über deren enges historisches Korsett hinaus. Gemäss Hardin ist das Konzept der Allmende zum Scheitern verurteilt, weil Menschen als Individuen Nutzenmaximierer sind. Jeder Einzelne will den Ertrag aus der Allmende maximieren für den eigenen Gebrauch, was deshalb zur Zerstörung und Übernutzung derselben führt. Über das Institut "Privateigentum" löst sich dieser Hang zu Übernutzung auf, weil gemäss dieser Logik der Einzelne die eigene Grundlage des Seins nicht zerstört, weil sie ihm gehört. Dass dieser grundlegende kapitalistische Gedanke auch als ein Denkfehler respektive Bias verstanden werden kann, wissen wir nicht erst seit den Arbeiten eines Daniel Kahneman oder Dan Ariely und zeigt sich aktuell beispielsweise in der Klimazerstörung.

Ostrom et al. haben zudem gezeigt, dass sich die als "Tragik der Allmende" in die Geschichte eingegangene Übernutzung derselben dann auflöst, wenn die Akteure miteinander kommunizieren und wenn die folgenden Regeln (design principles) für Ressourcen, verstanden als common pool resources eingehalten werden:

  • Grenzen werden klar definiert und externe Nichtberechtigte werden ausgeschlossen
  • die Regeln zur Aneignung und Bereitstellung der Ressourcen werden regionalisiert, gelten lokal
  • Nutzerinnen und Nutzer arbeiten an Vereinbarungen zur Änderung der Regeln teil
  • gemeinsames Monitoring der Einhaltung der Regeln.
  • Möglichkeiten zu Sanktionen gemeinsam entwickeln und einrichten
  • Wege der Konfliktlösung erlernen und möglicherweise neu entwickeln
  • Die Selbstbestimmung der Gemeinde sicherstellen und anerkennen

Damit schaffen wir hier die Verbindung zu Soziokratie und Holacracy, die den Design Principles noch Vorgehensweisen bei der Entscheidfindung und möglichen Beteiligungsprozessen hinzufügen, unter anderem den Beratungsprozess und die Widerstandsabfrage.




Und das Kreuz mit den Commons?


Aus eigenen Erfahrungen und auch den Erlebnissen eines lieben Kollegen in Deutschland habe ich gelernt, dass Design Principles haarscharf an Kontrolle und Bevormundung vorbeischrammen können. Gerade in kleineren Gruppen, Teams oder Organisationsformen wie Genossenschaften und Vereinen kann es passieren, die Arbeit mit zu viel Struktur und Kreisen zu sehr zu überformen mit Vorgaben. Es braucht da viel Seniorität und Leichtigkeit, die an sich interessanten Ideen der Kreisorganisation lebendig zu gestalten. Und: In Teams, Gruppen und kleinen Organisationsformen sind Konflikte und Schwierigkeiten üblich und - systemisch betrachtet - wirkungsvoll für gutes Gelingen. Mit Standardroutinen aus soziokratischen oder holokratischen Meetingstrukturen kann man ihnen jedoch nicht wirklich gut begegnen. Wie, das folgt im Abendblog:).

No items found.